Dienstag, 30. Oktober 2012

Die Rose ...





Die Rose, welche hier
dein äußres Auge sieht,
Die hat von Ewigkeit
in Gott also geblüht.

Angelus Silesius

(Cherubinischer Wandersmann I, 108)

Sonntag, 28. Oktober 2012

Die Gabe Gottes


Entweder muss Gott alles geben oder er gibt nichts. Seine Gabe ist ganz einfaltig und vollkommen, ohne eine Teilung, auch nicht gebunden an die Zeit, sondern alles gründet in der Ewigkeit. 
Dessen könnt ihr so gewiss sein wie, dass ich lebe.
Sollen wir also etwas von ihm empfangen, so müssen wir in der Ewigkeit gegründet sein, erhaben über aller Zeitlichkeit. In der Ewigkeit sind alle Dinge gegenwärtig. Das da über mir ist, das ist mir ebenso nah und ebenso gegenwärtig, wie das da hier bei mir ist. Da sollen wir auch nehmen, was wir von Gott haben sollen.


Meister Eckhart


Freitag, 26. Oktober 2012

Die Flöte des Unendlichen






Die Flöte des Unendlichen spielt ohne zu verstummen,
und ihr Klang ist die Liebe.
Wenn die Liebe auf alle Grenzen verzichtet,
erreicht sie die Wahrheit.
Wie weit doch ihr Duft reicht!
Sie hat kein Ende, nichts steht ihr im Weg.
Die Form dieser Melodie ist so hell wie Millionen Sonnen:
unvergleichlich klingt die Vina*,
die Vina mit der Noten der Wahrheit.


Kabir

Malerei  © Lidia Wenzl



* Saiteninstrument der klassischen indischen Musik

Man soll, wie Gott, die Liebe sein



Man muß das Wesen sein


Lieb üben hat viel Müh: wir sollen nicht allein
Nur lieben: sondern selbst, wie Gott, die Liebe sein.


Angelus Silesius

(Cherubinischer Wandersmann I,71)

Die Lieb allein ist ewig



Die Hoffnung höret auf, der Glaube kommt zum Schauen,
Die Sprachen redt man nicht, und alles, was wir bauen,
Vergehet mit der Zeit: die Liebe bleibt allein.
So laßt uns doch schon jetzt auf sie beflissen sein!

Angelus Silesius

(Cherubinischer Wandersmann, III,160)


Wie die Schule, so die Lehre ...


In Schulen dieser Welt
wird Gott uns nur beschrieben,
ins heilgen Geistes Schul
lernt man ihn schaun und lieben.

Angelus Silesius

(Cherubinischer Wandersmann V, 267)


Sonntag, 21. Oktober 2012

Das Wort Gottes



Das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Mark und Gelenk; es richtet über  Gedanken und Regungen des Herzens.  Kein Geschöpf  bleibt vor Gott verborgen, sondern es ist alles bloß und aufgedeckt vor seinen Augen.


Brief an die Hebräer  (4, 12-13)


Mittwoch, 17. Oktober 2012

Du leuchtest in meiner Seele

Du leuchtest in meiner Seele 
Wie die Sonne auf dem Golde.
Herr, wenn ich in Dir ruhen darf, 
Ist meine Wonne überreich. 
Du kleidest Dich mit meiner Seele, 
Bist selber auch ihr nächstes Kleid. 
Nun hab ich Dir gesungen,
Noch ist es mir nicht gelungen - 
Wolltest Du mir singen, 
Dann müßte es mir gelingen! 


 Mechthild von Magdeburg 

(Das fließende Licht der Gottheit, II,5)


Herr, du bist allzeit liebeskrank nach mir


Herr, du bist allzeit liebeskrank nach mir, 
das hast du wohl bewiesen an dir: 
Du hast mich geschrieben in dein Buch der Gottheit,
du hast mich gemalt in deine lautere Menschheit, 
du hast mich in die heilige Wunde deines Herzens eingegraben, 
um mich nimmer zu vergessen,
und in deine Hände, 
um deine Gnade mir auszuteilen, 
und in deine Füße, 
um nimmer von mir loszukommen.


Mechthild von Magdeburg

(Das fließende Licht der Gottheit, III,2)

Montag, 15. Oktober 2012

Der wirksamere Weg zu Gott


Es gibt einen Weg, der alle anderen übertrifft. Er scheint zunächst nicht so wirksam zu sein, wie die innige Verehrung Gottes mit Name und Form. Aber dennoch ist er der wirksamere. Es handelt sich schlicht und einfach um die Liebe, die du allen Wesen – ob gut oder schlecht – entgegenbringst.
Ohne eine solche Liebe ist deine Gottesverehrung wenig wert. Von welchem Nutzen bist du für Gott, wenn du bei Ihm nur die Erfüllung deiner Wünsche suchst, ohne deine Pflicht gegenüber den Bedürftigen dieser Welt zu verrichten? Das kann dir doch nur als pure Selbstsucht angerechnet werden. In Gottes Gegenwart ist kein Platz für solch egoistische Menschen. Da gibt es nur selbstloses Tun.
Bedenke deshalb, dass alle Wesen Sein sind und Er allen Wesen innewohnt und verehre Ihn dementsprechend. Nur durch solch hohe Verehrung bindest du Gott.

Aus "Ellam Ondre" ("Alles ist eins")

Sein Leben für den Nächsten geben


Vater Poimen sagte:
 „Es gibt keine größere Liebe als die, dass jemand sein Leben gibt für seinen Nächsten. Wenn du jemanden klagen hörst und du mit dir selbst Probleme hast, so antworte ihm nicht auch mit Klagen. Wenn du verwundet worden bist, es geduldig aushältst und nicht nach Rache suchst, dann gibst du dein Leben für deinen Nächsten.“ 


Apophthegmata Patrum
( Sammlung von kurzen Aussagen, die von den ersten christlichen Mönchen  Ägyptens, den sogenannten Wüstenvätern, stammen. Die meisten Sprüche wurden im 4. und 5. Jahrhundert verfasst)


Donnerstag, 11. Oktober 2012

Ströme der Mensch ein Wohlwollen auf alle aus!



Die Seele ist wie der Wind, 
der über die Kräuter weht, 
wie der Tau, 
der über die Wiesen sich legt, 
und wie die Regenluft, 
die wachsen macht.


Desgleichen ströme der Mensch 
ein Wohlwollen aus auf alle, 
die da Sehnsucht tragen. 


                                             Ein Wind sei er, 
der den Elenden hilft, 
ein Tau, 
der die Verlassenen tröstet. 
Er sei wie die Regenluft, 
die die Ermatteten aufrichtet 
und sie mit der Liebe erfüllt wie Hungernde.



                                        Hildegard von Bingen





Mittwoch, 10. Oktober 2012

Der Grundstein ist der Nächste


Abbas Johannes Kolobos sagte:
"Es ist unmöglich. ein Haus von oben nach unten zu bauen, sondern von Grund aus muss es in die Höhe". Da fragten ihn die Brüder: "Was ist der Sinn dieses Wortes?" Er antwortete ihnen: " Der Grundstein ist der Nächste. Ihn muss man gewinnen. Das muss am Anfang stehen; davon hängen alle anderen Weisungen des Herrn ab".


Apophthegmata Patrum
( Sammlung von kurzen Aussagen, die von den ersten christlichen Mönchen  Ägyptens, den sogenannten Wüstenvätern, stammen. Die meisten Sprüche wurden im 4. und 5. Jahrhundert verfasst)

Liebe deinen Bruder wie die Seele







"Liebe deinen Bruder
wie die Seele,
hüte ihn
wie die Pupille 
deines Auges"


Evangelium nach Thomas (25)


    Foto: Auge3 © meisterlese /photocase.de


Montag, 8. Oktober 2012

Das Wesentliche bleibt unseren Sinnen verborgen


Unsere Augen sehen nur den Dunst, hinter dem sich das Wesentliche verbirgt, 
das wir eigentlich wahrnehmen sollten; 
und unsere Ohren hören nur ein Rauschen, das alles übertönt, 
was wir eigentlich mit unserem Herzen verstehen sollten.

Khalil Gibran


Sonntag, 7. Oktober 2012

Die in Gott versunkene Seele ...


Ein Krug, der im Wasser steht, ist mit Wasser gefüllt und von Wasser umgeben. Ebenso sieht die in Gott versunkene Seele den alles durchdringenden Geist 
innen und außen. 


Ramakrishna




Samstag, 6. Oktober 2012

Nichts ist mein: selbst dieser Körper nicht


Nichts von allem, was ich schaue, spüre oder höre, ist mein. Selbst dieser Körper gehört nicht mir. Ich bin von seither ewig, frei und allwissend: 
dieses Bewusstsein hat seinen Ursprung im reifen Ich, während das unreife dem Menschen den Eindruck vermittelt, auf ewig an die irdischen Vergänglichkeiten gebunden zu sein. 

 Ramakrishna



Freitag, 5. Oktober 2012

Glückselige Freude ist das Wesen des Selbst



 Was ist Glück?
Glückselige Freude ist das Wesen des Selbst; Glück und Selbst sind daher nicht voneinander verschieden. Es gibt keinen Gegenstand auf der Welt, der Glück in sich birgt. Nur aufgrund unserer Unwissenheit glauben wir, dass Glück weltlichen Dingen entspringt. Wenn sich der Geist nach außen wendet, erfährt er Leid. Geht sodann ein Wunsch in Erfüllung, kehrt der Geist zu seinem Ursprung zurück und erlebt dort die Freude des Selbst, so verhält es sich in Wahrheit. Wie im Tiefschlaf, im samadhi oder während einer Ohnmacht wendet sich der Geist immer auch dann nach innen, wenn entweder etwas Erwünschtes erlangt oder etwas Unerwünschtes abgewendet worden ist, und erfährt hier das dem Selbst innewohnende Glück. So wandert der Geist rastlos zwischen seiner Quelle und der äußeren Welt hin und her. Bei glühender Hitze sucht man den schattenspendenden Baum und genießt die Kühle. Wer den Baum immer wieder verlässt und sich der Hitze aussetzt, nur um erneut in den Schatten zu fliehen, ist ein Narr. Der Kluge bleibt im Schatten. Ebenso wird der, der die Wahrheit erkannt hat, Brahman niemals verlassen, im Gegensatz zu dem Unwissenenden, der sich der Welt zuwendet, dort Leid erfährt, und jeweils für kurze Momente zu Brahman zurückkehrt, um Glück zu erleben.
Tatsächlich ist das, was die Welt genannt wird, nichts als ein Gedanke. Wenn die Welt versinkt, also kein Gedanke vorhanden ist, erlebt der Geist Glück, wenn aber die Welt in Erscheinung tritt, erlebt er Leid.
Sri Ramana Maharshi 
( aus Wer bin ich? -Nan Yar)