Sonntag, 13. Januar 2013

Geliebter, warum lässt du mich vor dem Tore warten?




Wolken häufen auf Wolken sich
und es dunkelt.

Geliebter, warum läßt du mich draußen
vor dem Tore warten ganz allein?

In der geschäftigen Zeit des Mittagwerkes
steh ich zur Menge, aber an diesem dunklen,
einsamen Tage hoff ich
auf dich allein.

Wenn du mir dein Antlitz nicht zeigst,
wenn du mich beiseite läßt,
so weiß ich nicht,
wie ich die langen regnerischen Stunden
verbringen soll.

Ich starre zum fernen Schimmer
des Himmels, und mein Herz wandert klagend
mit dem ruhelosen Wind. 

Rabindranath Tagore
aus Gitanjali  (Lied 18)
Deutsche Nachdichtung von Marie Luise Gothein [1863-1931]

Foto: @ Patano 



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen