Montag, 19. November 2012

Eia, Liebe, nun lass dich minnen


Wie der von Liebe Verwundete wieder gesundet





Wird ein Mensch zu einer Stund 
Von wahrer Liebe gänzlich wund, 
So wird er nie mehr recht gesund, 
Er küsse denn denselben Mund, 
Der seine Seele machte wund.

Je mehr seine Lust wächst, 
    um so schöner wird ihre Hochzeit,
Je enger das Minnebett wird, 
    um so inniger wird die Umarmung,
Je süßer das Küssen, 
    um so minniglicher das Anschauen.
Er umarmt sie auch im edlen Wohlgefallen 
    seiner Liebe,
Er grüßt sie mit seinen seligen Augen, 
Wenn sich die Liebenden wahrhaft schauen. 

Er durchküßt sie mit seinem göttlichen
    Munde, 
Wohl dir, ja mehr als wohl, ob der über-
    herrlichen Stunde! 
Er liebt sie mit aller Macht auf dem Lager
     der Minne 
Und sie kommt in die höchste Wonne 
Und in das innigste Weh 
Wird sie seiner recht inne. 

 ...Seligkeit über Seligkeit 
Frieden über Frieden, 
der alle Vorstellungen übersteigt

Eia, Liebe, nun laß dich minnen, 
Und wehre dich nicht mit finsteren Sinnen.




 Mechthild von Magdeburg

(Das fließende Licht der Gottheit, Buch II,15 )





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