Montag, 26. November 2012

Gleich einer Flöte, die du füllst mit Tönen



Mein Lied hat seines Schmuckes
sich entäußert,
es ist nicht stolz auf Kleid und Zier.
Der Schmuck könnte unsre Einigkeit zerstören,
er würde zwischen dich und mich sich stellen;
dein Flüstern könnt ertrinken
in dem Klingklang.

Mein Dichterhochmut stirbt in Scham
vor deinem Anblick,
o Meisterdichter,
ich saß dir zu Füßen.
Laß mich mein Leben
grad und einfach machen,
gleich einer Flöte,
die du füllst mit Tönen. 




Rabindranath Tagore

aus Gitanjali


Deutsche Nachdichtung von Marie Luise Gothein [1863-1931]

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