Mittwoch, 12. September 2012

Geh in dein Kämmerlein und bete ...

"Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, damit sie von den Leuten gesehen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein (in das Taméion) und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten."

Jesus

Matthäus,6,5-6 


Das Kämmerlein, von dem hier die Rede ist, heißt auf Griechisch Taméion und bezeichnet die Vorratskammer, den innersten Raum des Hauses, das einzige Zimmer, das man in dem palästinischen  Haus zu verschließen pflegte, damit niemand sonst hinein durfte.
Also ein verborgener Ort, wo man nach den Worten Jesu allein verweilen soll, nachdem man die Tür geschlossen hat, und im Verborgenen,  in einem intimen Gespräch zu dem Vater beten, der im Verborgenen ist und in das Verborgene sieht. 
Man denke  dabei aber nicht so sehr an einen bestimmten Raum, wo man in aller Ruhe  und Stille beten kann, sondern an einen Raum im Herzen, an einen verborgenen Raum in der "inneren Burg", wo die göttliche Ruhe herrscht. Die Worte Jesu sind in diesem Sinn also eine Aufforderung, sich nach innen zu wenden und in jenen verborgenen Ort des Herzens zu gelangen, wo die Seele schon und immer in enger, ewiger Verbundenheit  mit Gott ist. 

Taméion könnte ebenso jenen Ort in der Seele (das oberste Gesicht der Seele) bezeichnen, von dem Meister Eckhart sagt, dass "darin etwas verborgen liege wie ein Ursprung alles Guten und wie ein leuchtendes Licht, das allezeit leuchtet, und wie ein brennender Brand, der allezeit brennt" [Link]oder jene Kraft in der Seele, wo Gott grünt und blüht [Link].
Aber auch denke ich dabei an den "kleinen leeren Raum im Herzen, der so groß ist wie das ganze Universum ... die wahre Burg des Alls" der Chandogya-Upanishad [Link].


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